Die Szene – Treibt man sich in der kinky Bubble herum, vor allem online, trifft man unweigerlich auf diese Bezeichnung. Aber wer oder was ist das überhaupt? Ab wann gehört man zur BDSM-Szene? Wer ist mit drin, wer darf rein und was muss man dafür tun? Wir versuchen, ein bisschen Klarheit zu schaffen.

Der Begriff „Szene“ wird im gesellschaftlichen Kontext verwendet, um Menschen gleicher Lebensweise, Hobbies, Vorlieben und Überzeugungen zusammenzufassen. Weitere Beispiele sind die Fitness-Szene, Auto-Szene, Gothic-Szene, tätowierte Personen oder auch ganze Berufsbranchen, wie die Medien-Szene. Häufig etabliert sich eine Szene auch über einen Musikgeschmack oder eine bestimmte Sportart. Bei der BDSM-Szene geht es – ganz einfach – um BDSM, Kinks, Fetisch und alles, was dazu gehört. Eine bestimmte BDSM-Bubble hingegen ist eher begrenzt auf einen besonderen Personenkreis, eine Plattform, eine Region oder Ähnliches.

Wer sind wir und wenn ja, wie viele?

Die BDSM-Szene im weitesten Sinne

Definiert man die BDSM-Szene weit, so umfasst sie alle Personen, die in irgendeiner Weise Berührungspunkte mit dem Thema BDSM und Fetisch haben. Das heißt, sobald du das hier liest, gehörst du vermutlich irgendwie schon dazu. Glückwunsch und herzlich willkommen! Auch Veranstalter:innen, Websiten-Betreiber:innen, Models, Fotograf:innen, Einzelhändler:innen und Designer:innen können im weiteren Sinne zur BDSM-Szene gezählt werden. Auch wenn diese selbst vielleicht gar keine kinky Neigungen haben. Denn auch diese Personen haben Einfluss.

Als Person, die BDSM gerade erst entdeckt hat oder seine/ihre Neigungen nur privat auslebt, fühlt man sich vielleicht nicht unbedingt als Teil der Community. Aber auch diese stillen Kinkster gehören dazu. Beispielsweise nehmen sie durch ihr Kaufverhalten oder ihren Medienkonsum Einfluss auf Angebot und Nachfrage in der Szene.

Die BDSM-Szene bei lokaler Betrachtung

Oft sind Stammtisch– oder BDSM-Treffs der erste Kontakt zu Gleichgesinnten. Das heißt, man findet beim Googeln oder auch in der Veranstaltungs-Kategorie auf vielen Plattformen lokale Treffen. In quasi jeder Großstadt gibt es eine Auskopplung der BDSM-Jugendorganisation SMJG, eines anderen Vereins oder einfach freie Treffen. Hier kann man in einer entspannten Umgebung andere Menschen aus der Region kennenlernen, die auf BDSM stehen. Man trifft sich also mit einer Gruppe oder ein paar Leuten, die dasselbe Interesse haben, in einem öffentlichen Lokal. Man tauscht Wissen und Erfahrungen aus, knüpft Kontakte und unterhält sich über dies und das. Hier erhält man Empfehlungen für Bücher, Shops und Workshops. Auch innerhalb der regionalen Szenen ist meist alles vertreten, von Koryphäen bis so genannte Dummdoms. Vielleicht hat jemand ein eigenes Shibari-Dojo oder Spielzimmer, das er anderen zu Verfügung stellt. Oft bieten sich regionale Kontakte besonders zum Covern oder beim ausprobieren neuer Spielarten an.

Die BDSM-Szene bei enger Betrachtung

Es besteht aber auch die Versuchung, den Begriff BDSM-Szene etwas enger zu fassen. Nämlich basierend auf jenen Personen, die das Bild von BDSM prägen. Einerseits innerhalb der Bubble und dadurch natürlich auch gesellschaftlich. Dieser Personenkreis umfasst Blogger:innen, Designer:innen, Educators, Influencer:innen, Fotograf:innen, Schauspieler:innen und viele mehr. Es gibt innerhalb der Szene einige richtige Stars auf ihrem jeweils eigenen Gebiet. Rigger:innen, von denen jede:r, der oder die sich für Bondage interessiert, schon mal gehört hat. Fetischmodels, die jeder Person ein Begriff sind. Oder Designer:innen, deren Produkte sich besonderer Beliebtheit erfreuen.

Diese Personen prägen nicht etwa die Szene, weil sie berühmt sind oder ein besonderes Renommé haben. Sondern weil sie es sind, die außenwirksam auftreten, Trends mitbestimmen und in Diskurs miteinander stehen. Darüber hinaus gibt es unzählige aktive Kinkster, die zwar nicht öffentlich auftreten, aber online für Furore sorgen. In Foren und auf Social Media herrscht ein reger Austausch zu fast allen denkbaren kinky Themen. Diese Personen verkörpern die Szene genauso, wie Personen, die sich in der Öffentlichkeit zeigen.

Bist’de drin, bist’de drin!

Ab wann gehört man denn jetzt dazu? Auf diese Frage gibt es keine konkrete Antwort. In erster Linie ist ein Zugehörigkeitsgefühl subjektiv. Auch wenn gemäß der weiten Definition jede:r mit kinky Neigungen der Szene angehört, muss sich eine Person deswegen noch lange nicht als Insider definieren. Vielleicht kommen dem/der ein oder anderen Gedanken bekannt vor, wie: „Ich gehe ja nicht auf Parties, also gehöre ich nicht dazu.“ Oder: „Das Meiste ist mir eh zu krass, ich bin ja ein:e totale:r Langweiler:in.“ Oder: „Ich habe ja nicht mal ein besonderes Outfit. So wie ich aussehe, passe ich da nicht rein.“

Der Begriff „Szene“ hat für viele Newcomer etwas Ehrfürchtiges. Alt eingesessene Kinkster, die alles wissen und alles schon gemacht haben und vor denen man sich nur blamieren kann. Doch eine Szene wächst und entsteht durch genau eben jene Menschen, die Fragen haben und Informationen suchen. Austausch und Kommunikation sind die Basis für neue Strömungen und Ideen. Deswegen sollten auch Personen, die sich in der kinky Community schon längst zuhause fühlen nicht jene vorverurteilen, die sich nur umsehen, erste Schritte gehen oder sich bedeckt halten.

Es gibt also kein Aufnahmeritual und auch kein besonderes Schlüsselereignis, das passieren muss, damit man zur Szene gehört. Je mehr man sich selbst reflektiert und in Kontakt mit anderen Interessierten tritt – sei es online oder real – desto zugehöriger wird man sich fühlen. Und irgendwann rutscht einem selbst ein „In der BDSM-Szene ist es ja üblich, dass…“ über die Lippen.

Szene bedeutet nicht, immer gleich zu ticken

Genau solche Sätze sind es allerdings auch, die mit Vorsicht zu benutzen sind. Denn „die Szene“ stellt auch immer eine Verallgemeinerung dar. Diese ist jedoch selten uneingeschränkt gültig. Jeder von ist ein Individuum mit eigenen Überzeugungen und Charakteristika. Das fängt schon an bei Begriffen, die als szenetypisch gelten. Beispielsweise benutzen viele den Ausdruck Sklave für submissive Personen, die gerne dienen. Zwar weiß jede:r in der Community was gemeint ist, dennoch distanzieren sich auch einige von diesem Begriff.

Leider gibt es auch innerhalb der BDSM-Szene Vorurteile und Kinkshaming. Es gibt auch unter Kinkstern Randgruppierungen, die mit Intoleranz zu kämpfen haben. Es kursieren unzählige Mythen und Klischees. Das liegt daran, dass meist nur besonders provokantes und extrem Verhalten wahrgenommen wird. Sowohl von außen als auch innerhalb der Community. Um dem entgegenzuwirken, sollten wir Abstand davon nehmen, Verhaltensweisen oder Neigungen als repräsentativ für die BDSM-Szene zu betiteln. Vielmehr sollten wir diesen Begriff als Bezeichnung für unsere vielfältige Community betrachten.

Kinky Miteinander statt elitärer Club

Egal von welcher Szene die Rede ist: Sobald uns etwas verbindet, werden wir eine Gemeinschaft. Das kennen wir vom Sport, unter Motorradfahrer:innen, Comic-Nerds und vielen mehr. Auch in der BDSM-Szene sind wir miteinander vernetz. Es gibt Plattformen, Vereine, Veranstaltungen, Stammtische, Workshops, Vereine und viele andere Möglichkeiten, in Kontakt zu kommen und zu bleiben.

Ähnlich wie die LGBTQ+-Szene, mit der es viele Schnittpunkte gibt, sind wir Kinkster in der Regel tolerant und aufgeschlossen. Eine Verallgemeinerung, die wir uns an dieser Stelle bewusst erlauben. Natürlich wollen wir nicht verschweigen, dass es auch in unserer Bubble schwarze Schafe gibt. Personen, die sich aufgrund ihrer Erfahrung für etwas Besseres halten. Narzist:innen, Dummdoms, Trolle oder einfach Personen, mit denen man persönlich nicht harmoniert. Solche Menschen gibt es überall.

Die kinky Community ist alles Andere als ein eingeschworener Zirkel dunkler Gestalten. Informationen und Wissen werden an vielen Stellen zur Verfügung gestellt. Wer nach Hilfe fragt, wird sie bekommen. Sicherlich ist bei einem sexuell konnotierten Thema wie BDSM die Hemmschwelle, in Kontakt zu treten, größer als im Schwimmverein. Aber jede:r von uns hat mal seine erste Party besucht, das erste Mal eine Praktik probiert oder den ersten Knebel gekauft. Die meisten haben das nicht vergessen.


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