Was bedeutet D/s?
D/s ist eine Abkürzung für Dominanz beziehungsweise Dominance und Submission, welche beide im Oberbegriff BDSM enthalten sind. Es bezeichnet das Spiel um die bewusste und einvernehmliche Schaffung ungleicher Machtverhältnisse zweier oder mehrerer Partner. Dass es hierbei um ein Gefälle geht, erkennt man schon an der Schreibweise: Großes D, kleines s. Der dominante Part, im BDSM, oft Dom:me oder Top genannt, bestimmt dabei das Spielgeschehen gegenüber seiner submissiven Partnerperson, beispielsweise Sub oder Bottom.
Beispiele für D/s-Praktiken
D/s ist ein allgemeiner Begriff, der sehr viele Spielarten vereint. Diese finden allesamt auf der Basis eines Machtgefälles statt. Egal ob Rollenspiele, Impact, Petplay, Natursekt oder Wachsspiele: Hier gibt es immer eine führende, kontrollierende Person. Es geht sehr oft um Erziehung oder Disziplin, weswegen auch FLR, Keuschhaltung, sowie sexuelle Zurückweisung zu diesem spannenden und großen Feld gehören. Beispielsweise angefangen bei Tease and Denial-Spielen bis hin zu Cuckold-Konstellationen, Humilation und Degrading.
Hingabe statt Unterwerfung
In Abgrenzung zu „Sadismus & Masochismus“ (abgekürzt: S/M) beschreibt D/s im einvernehmlichen BDSM-Kontext eine konsensuell aufgebaute Hierarchie, statt die Ausübung körperlicher Herrschaft. Diese authentische Empfindung wird besonders in 24/7-Modellen als „D/s leben“ bezeichnet. Auch bei zeitlich limitierten Spielen, einem „D/s-Roleplay“ ist die Hierarchie vorhanden. Dies begegnet einem auch häufiger im professionellen Bereich. Somit enthält D/s immer ein Gefälle von „Oben“ und „Unten“. Eine „obere“ Person übt Macht aus und eine „untere“ Person erlebt Ohnmacht beziehungsweise Unterwerfung. Egal ob authentisch und allgegenwärtig, oder taktisch und rollenspielerisch inszeniert.
Die Begriffe „Submission“ und „Devotion“ werden im deutschsprachigen BDSM-Raum meist gleichgesetzt. Das ist allerdings nicht ganz korrekt: Bei Submission ist Unterordnung gemeint, während Devotion eine tiefe Hingabe bis zur Aufopferung beschreibt. Synonym passt das also nur, wenn Unterwerfung mit Freude und Hingabe passiert. Nicht jedoch bei widerspenstiger Unterordnung, wie wir sie im Bereich von Brats oder Primal Preys finden. Natürlich kann S/M ein Werkzeug oder Mittel von D/s-Konstellationen sein. Der oder die Dom:me kann Macht ausüben, indem er oder sie dem oder der Sub Schmerzen zufügt. Pflicht ist Schmerz im D/s allerdings nicht. Hier geht es eher um die gefühlte Unterlegenheit, ob mit begeisterter Hingabe oder „erzwungen“. Gerade bei den psychisch anspruchsvolleren Spielarten ist der oder die Dom gefordert. Denn hierbei muss er oder sie den oder die Partner:in physisch wie psychisch umsorgen.
Rollenspiel oder Beziehung?
Ein D/s-Rollenspiel oder auch eine Session hat im Allgemeinen einen klaren Anfang und ein definiertes Ende. Egal welcher Begriff verwendet wird: Es handelt sich hier um eine temporäre, taktisch inszenierte Selbstdarstellung. Nach Ende der Session oder des Rollenspieles bewegen sich alle Beteiligten wieder auf demselben Niveau. Häufig rahmen Rituale die Sessions ein und geben dem Konstrukt dadurch eine eigene Note.
Aus diesem Grund können Symbole eine wichtige Rolle zur Untermauerung der Machtverhältnisse spielen. Vielleicht trägt Sub oder Serf ein Halsband oder ein anderes Kleidungs– oder Schmuckstück, welches er oder sie nur mit Erlaubnis ablegen darf. So kann man beispielsweise Start und Ende einer Session markieren. Typischerweise werden beim Spielen verschiedene Führungsmethoden, wie aus dem Management oder auch der Psychologie bekannt, symbolisch genutzt oder taktisch eingesetzt.
Es gibt jedoch auch sessionübergreifende, zwischenmenschliche Beziehungen, in denen sich das D/s-Gefälle mehr oder weniger ausgeprägt zeigt. Dann wird von einer D/s-Beziehung gesprochen. In einer Solchen ist sich jede der teilnehmenden Personen der Rollenverteilung durchweg bewusst. Auch innerhalb dieser Beziehungen kann es zusätzlich abgesteckte Zeitrahmen geben. Dann wird das sonst vielleicht subtile Gefälle intensiviert und aktiv genutzt.
Was sollte ich beachten, wenn ich Interesse an D/s habe?
Im D/s wird gerne mit Klischees oder dem Image von BDSM gespielt. Gerade, wenn es sich um zeitlich begrenzte Varianten handelt. Es geht viel darum, wie sich Menschen eine dominante Person oder eine:n Serf vorstellen, beispielsweise, dass der oder die Serf zu knien oder zu kriechen hat. Dom befiehlt eine bestimmte Anrede oder legt Wert auf einen Bestrafungskontext, in dem beispielsweise schmerzhafte oder demütigende Praktiken festgelegt werden.
Manche Liebhaber:innen dieser Spielart legen auch Wert auf einen sogenannten „Vertrag“, auch wenn die rechtlichen Aspekte dieser Papiere immer wieder Fragen aufwerfen. Oft dient das Aufsetzen eines solchen Schriftstückes aber auch nur dem psychologisch beabsichtigten Effekt. Dem unten spielenden Part die Hilflosigkeit zu verdeutlichen oder im Rahmen von Edgeplay, genauer „Fear Play“, gezielt Angst zu machen, können solche Effekte sein. Sicherheitsvereinbarungen wie ein Safeword sollten immer vorhanden sein.
Aus diesen Gründen ist es wichtig, vorher über die Vorlieben, Fantasien und Vorstellungen, die man mit dem D/s-Konstrukt verbindet, und auch die eigenen Limits zu sprechen. Geht es euch um das Spielen und Bekleiden einer Rolle oder doch auch um empfundene Gefühle? Geht es um spielerische Erziehung oder hat diese auch Einfluss auf den eigenen Alltag. Wollt ihr D/s auch ohne das situative Einholen einer Zustimmung (= consensual non-consent) erleben? Nach Session-Ende sollte eine entsprechende Aftercare, ganz bewusst auf gleicher Augenhöhe, stattfinden. Gerade bei den psychisch anspruchsvolleren Spielarten ist der oder die Dom gefordert, den oder die Partner:in physisch wie psychisch zu umsorgen.
Wie merke ich, ob D/s für mich geeignet ist?
Auf der D-Seite: Während dem Spiel denkst du nicht an dich selbst, sondern an dein Gegenüber und den Einfluss, den du darauf nimmst. Du bist eine dominante Person, die Führung ergreift. Dabei ist dir aber bewusst: Dominanz ist keine Erlaubnis, jemanden zum Spielball zu machen, sondern beruht auf gegenseitigem Einverständnis und Vertrauen. Es ist ist dein Interesse, das Wachstum und Wohlbefinden aller Parteien im Sinn zu haben und den Weg dorthin zu bestimmen? Dann könnte D/s für dich das Richtige sein.
Auf der s-Seite: Unterwerfung bedeutet nicht Selbstaufgabe. Ganz im Gegenteil: Hingabe sollte als Geschenk gesehen werden, nicht als Bürde die man abgibt. Wie und warum Reiz an Submission empfunden wird, ist sehr subjektiv. Für manche ist es das Fallenlassen gegenüber einer anderen Person und die damit einhergehende, besondere Intimität. Für Andere ist es der Machtaustausch. Wenn du mit Freude und Hingabe deine:n Dom zufrieden stellen und ihm oder ihr dienen willst, könnte D/s die richtige Spielart für dich sein.