„Was machst du? Wie spielst du und worauf stehst du eigentlich?“ Es ist irgendwie peinlich. Schnürt einem die Kehle zu. Das Blut schießt in den Kopf. „Oh Gott, was denkt die andere Person jetzt wohl? Wie sag ich das? Bin ich komisch?“ Nein, vermutlich nicht. Aber über Vorlieben sprechen will gelernt sein. Nicht zuletzt, weil es innerhalb der BDSM-Szene eine Menge Klischees gibt.
Dabei sind vom Mainstream abweichende Vorlieben, Neigungen und Fetische in der BDSM-Szene ziemlich normal. Und über sie zu sprechen auch. Dennoch kann es gerade am Anfang viel Überwindung kosten, sich ungewohnt anfühlen und Schamgefühle hervorrufen. Egal ob auf einem Date in einer Bar, einem Stammtisch oder einem lockeren Abend mit Freunden.
Daher möchten wir dir im in diesem Artikel sieben Möglichkeiten, an die Hand geben, wie du deine Kinks und Neigungen den Menschen in deinem Leben mitteilen kannst.
1. Nenne sie in deinem Profiltext
Es gibt Menschen, deren Fetisch ist für sie zwingend notwendig. Sie können nur so erregt werden oder einen Orgasmus haben. Das kann von Füßen, über Plastikfolie, bis hin zum Geruch von Mayonnaise alles sein. Fetische sind grenzenlos. Daher sind sie für sie ein „Must Have“, eine Beziehung ohne ist für diese Personen nicht vorstellbar.
Aber auch Menschen denen einfach ihre Vorlieben sehr wichtig sind, zum Beispiel weil es für sie ein hohes Glücksgefühl oder Entspannung hervorruft, kommunizieren ihre Turn-Ons gerne offen und vorher. Das geht in den ersten Nachrichten, im Profiltext oder sogar im Nickname, mit eindeutigen Bildern und im echten Leben auch gerne bei der Vorstellungsrunde beim Stammtisch. Jemand, der oder die sich beispielsweise ‚Ropebunny64′, nennt, verrät schon ziemlich viel über sich und wird wahrscheinlich ungerne einen Knotenverweigerer kennenlernen wollen.
Wenn dein Fetisch für dich eine Bedingung und kein Extra ist, dann schreib es ruhig in deinen Profiltext oder in eine Nachricht. Das muss auch nicht mit vielen Ausrufezeichen oder schreiend passieren, sondern lässt sich auch unauffällig einflechten.
„In den letzten Jahren durfte ich einige fesselnde Erfahrungen in der Szene erleben und habe festgestellt: nichts entspannt und löst mich so sehr wie Shibari. Deshalb würde ich mich freuen, jemand Gleichgesinntes zu finden.“
2. Frei und direkt über Vorlieben sprechen
Kurz und schmerzlos. Manchmal lernt man sich erst ein bisschen kennen, bevor man seine Büchse der Pandora öffnet. Aber manchmal will man die eigene Bedürfnislage eben auch klar genug erklären und die Reaktion des Gegenübers zu testen. Sprich es also in eurem ersten Gespräch über Intimitäten, Erfahrungen und potenzielles Spiel an. Dennoch muss es nicht der erste Satz sein, sondern sollte sich aus dem natürlich Gesprächslauf ergeben.
Meistens lohnt es sich ehrlich und geradeheraus zu sagen: „Das habe ich gemacht, das hat mir gefallen, das möchte ich wieder – vielleicht mit dir?“
Im BDSM musst du deine Grenzen und Wünsche klar kommunizieren. Oft bringt diese ungefilterte Aussage den besten Anstoß für gemeinsame Ausübungen. Oder sie wirft Fragen auf, an deren Beantwortung ihr gemeinsam arbeiten könnt.
Vielleicht fühlt es sich eher wie eine Beichte an, beim ersten Mal darüber zu sprechen, aber was einmal ausgesprochen ist, eröffnet eben ein auch ein Gespräch zwischen euch.
„Ich habe in meiner letzten Beziehung ein paar Mal Frühstück ans Bett bringen müssen und musste selber auf dem Boden sitzen. Das hat mir gefallen und ich würde damit gern herum experimentieren“
3. „Ich hab‘ da Mal was vorbereitet“
Jede gute Bastelsendung hat uns beigebracht: Vorbereitung, Referenzen und weißer Bastelkleber retten eigentlich fast alles. Wir sind inzwischen so auf visuelle Wahrnehmung geprägt, dass dies der leichteste Weg ist jemandes Aufmerksamkeit zu gewinnen.
Fang vielleicht nicht mit deinem aktuellen Lieblingsporno an, sondern einem, in dem deine Fantasie als Teil aufgegriffen wird. Such Referenzen heraus mit denen du deine Vorliebe erkannt hast und gib sie weiter. Das können auch Geschichten, Bücher oder Fanfictions sein. Vielleicht hast du deine Neigung auch beim Durchblättern eines Comics gefunden? Nachdem dein Gegenüber das Material gesichtet hat, sprecht darüber. Was war gut, was war die beste Szene, was hat einen vielleicht zum Lachen gebracht? Fokussiert das Positive.
Oder schaut es gemeinsam. Nichts erklärt so gut was dich anmacht, wie dein Körper und deine Reaktion. Lass deinen Partner sich an deiner Erregung erregen und genießt es gemeinsam. Dabei hast du auch die Chance zu erklären, welches Detail dich grade besonders scharf macht.
„Hey, in diesem Porno wird der Darsteller gewürgt. Ich finde heiß wie sein Atmen immer heftiger wird. Man merkt, dass es ihn anmacht und wie sich die beiden dabei intensiv in die Augen schauen.“
4. Sexy Suggestions
Sag es beim Sex oder beim Spiel, wenn sowieso schon Erregung im Raum liegt. Dirty-Talk kann eine großartige Möglichkeit sein, neue Vorschläge zu geben und im Eifer des Gefechts ist man für Dinge besonders empfänglich.
Nutze es als Chance eine Fantasie zu schildern, die auf eurer Situation in diesem Moment aufbaut und diese erweitert. Achte darauf, nicht zu explizit zu sein und deinem Partner Platz zum Antworten und Mitspielen zu geben.
„Fuck, du fühlst dich großartig an – ich genieße deine Hände auf meinem Körper. Stell dir mal vor wir würden noch eine Frau dazu holen. Du könntest uns beide gleichzeitig berühren, ich will sie ficken, während sie dir einen bläst.“
5. Mit Führung über Vorlieben sprechen
Einen Schritt nach den sexy Suggestions. Nachdem du von deinem Fetisch erzählt hast, kannst du quasi durch eine Session anleiten. Dabei kannst du ein Szenario gemeinsam durchsprechen oder dich an die Sache herantasten. Vielleicht besitzt du das Equipment für eine Praxis, ein Kleidungsstück oder ähnliches. Auch einfach einmal vorzuführen, wie du es bisher privat ausgelebt hast, kann es deinem Gegenüber verbildlichen.
„Das ist ein Dilator. Ich führe ihn in meine Harnröhre ein. Dabei lässt du ihn einfach hereingleiten und darin versinken. Vielleicht magst du ihn mal anfassen, man kann ihn jetzt auch langsam bewegen. Siehst du das Metal ist jetzt ganz warm. Es sieht einfach total krass aus.“
6. „Kennst du eigentlich…“
Wir haben das Glück, dass wir im 21 Jahrhundert auf eine Vielzahl von Fetisch-Referenzen in Popkultur, Literatur und Filmen zurückgreifen können. Die meisten Fetischist:innen haben ihre Faszination auch des erste Mal im Fernsehen entdeckt und nicht auf einer BDSM-Website.
Gerade wenn ihr beide das Werk kennt, könnt ihr eure unterschiedlichen Wahrnehmungen vergleichen und so kannst du besser erklären wie sich dein Fetisch entwickelt hat.
„In ‚Oops I did it again‘ tanzt Britney Spears in einem engen Latexanzug und sie bricht dem Astronauten das Herz. Für mich war es ziemlich heiß, dass diese hübsche Frau in den Fetisch-Klamotten diesen ’starken Mann‘ belächelt.“-„So hab ich das noch nie gesehen, aber die Outfits fand ich auch cool. Wusstest du, dass in dem Musikvideo auf die Abschlussszene von Titanic angespielt wird?“
7. „Let’s play a Game!“
Sexualität ist kein statisches ernstes Thema. Hab ruhig ein bisschen Spaß bevor es zur Sache geht. „Ich hab‘ noch nie“, ist die freieste Version dieses Spiels. Hierbei stellen du und dein Partner sich gegenseitig Fragen und gebt ein Signal, wenn ihr etwas bereits gemacht habt.
Hier ein Beispiel: „Ich hab‘ noch nie draußen Oralverkehr gehabt“ und wenn du das bereits gemacht hast, kannst du die Hand heben, einen Schluck trinken oder eine Karte aufdecken. Dadurch, dass du ein nonverbales Zeichen gibst, musst du dir keine komplizierte Ansprache überlegen. Das Spiel lässt sich dann auch leicht weiterspielen mit „Ich würde gerne mal vor Publikum vorgeführt werden“ oder aber „Das hab ich noch nicht gemacht, würdest du sowas gerne mal ausprobieren?“ Da das Spiel so formlos ist, kann man es auch in einer Bar oder beim Ausgehen spielen.
Falls du lieber eine Vorgabe an Fragen hättest, kannst du dir das Kartenspiel “Sag mal.. Für Paare” ansehen. Eine tolle Gelegenheit, um sich besser kennenzulernen und über Fantasien und Wünsche auszutauschen.
Wenn sich eine Türe schließt…
Egal für welchen Weg du dich am Ende entscheidest: Es gibt keine Garantie auf Erfolg. Es kann gut sein, dass dein Partner keinen Gefallen an deinem Kink findet und das ist in Ordnung. Arbeitet an einer gemeinsamen Lösung. Legt die Wichtigkeit der Sache fest und verliert euch nicht in der dauerhaften Diskussion. Vorlieben wachsen auch aneinander und miteinander.
Vielleicht hat dein Partner keinen Genuss an deinem Kink gefunden, aber es gibt Möglichkeiten, gemeinsame Erlebnisse in seinem Zeichen zu zelebrieren, ob es Dirty Talk, andere Toys oder vielleicht auch der Besuch eines Events ist. Gebt nicht auf, sondern versucht eine Lösung zu finden, mit der ihr beide zufrieden seid.