Content-/Triggerwarnung: Drogen

Disclaimer: Ziel dieses Beitrags ist, den Begriff “Intox Play” im BDSM-Kontext zu erklären, da er in diesem Bereich immer wieder auftaucht. Er soll weder einen Aufruf, noch eine Anleitung zum Spielen unter Drogeneinfluss oder Drogenkonsum allgemein darstellen.


Was ist Intox Play?

Intox Play ist die Abkürzung für Intoxicated Play, frei übersetzt: Spielen im Rausch. Hierbei ist jedoch nicht der durch BDSM ausgelöste Cocktail aus Endorphinen, Dopamin und Adrenalin gemeint. Es handelt sich um denh bewussten Konsum von bewusstseinserweiternden und -verändernden Mitteln. Dabei kann eine oder mehrere Personen berauscht sein. Intox Play schließt den Konsum von legalem Alkohol bis hin zu harten Drogen ein.

Die Praktik Intox Play unterscheidet sich von einer Session unter Drogeneinfluss durch die bewusst gewählte Intention. Beim Intox Play wird bewusst die Entscheidung getroffen, sich zu berauschen. Als Vorbereitung und somit auch Teil der Session. Trotzdem gilt schon bei Alkohol der Grundsatz: Don’t kink and drink! Dass auf diesem Prinzip aufbauend andere Substanzen erst recht tabu sein sollten, sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Man spricht bei Intox Play auch oft von „Chemsex“. Hierbei wird spezifisch auf chemische Drogen Bezug genommen. Gemeint sind damit meistens verschiedene Arten von Amphetaminen wie Methamphetaminen und Mephedrone auch bekannt als Badesalz, aber auch GHB und Amylnitrit, besser bekannt als Poppers. Diese Drogen haben in der Gay-Community seit den 80er Jahren an großer Beliebtheit gewonnen. Die meisten wirken muskelentspannend, berauschend und enthemmend. Effekte, die gerade in der oft mit Scham und Druck behafteten Community geschätzt wurden. Seit den 90er Jahren gibt es auch oft explizite Drogenpartys mit dem Ziel, die Erfahrung als Kollektiv voll auszuschöpfen.

Bei Intox Play handelt es sich also um eine extreme Form von Edgeplay. Einige Menschen zählen es auch zu CNC, denn: Unter bewusstseinsverändernden Mitteln kann kein vollständiger, informierter und rechtlich valider Konsens gegeben werden.

Warum steht man auf Intox Play?

Hemmungslos und schambefreit: Diesen Zustand wünschen sich viele Menschen, wenn sie über BDSM fantasieren. Das Abstreifen des Alltags, das Loslassen der Gewohnheit, das Eintauchen in eine andere Welt, ein anderes Selbst. So schön diese Dinge klingen, oft lässt sich das Alltags-Ich nicht einfach abschütteln und das kinky Selbst kann sich nicht gänzlich entfalten. In diesem Moment scheinen bewusstseinsverändernde Mittel das Einstimmen zu erleichtern. Ob es nur durch den Akt des Konsums ein Art von Einstiegsritual darstellt oder ob der berauschende Effekt die anfängliche Zurückhaltung aufhebt. 

Es gibt viele Gründe, warum Menschen sich in einem berauschten Zustand lieber in intime Situationen begeben. Durch das Enthemmen auf psychischer und physischer Ebene wird versucht, eine andere Verbindung zu sich selbst aufzubauen. So können diese Mittel Gefühle, Emotionen und Empfindungen intensiver und anders werden lassen. Da viele Mittel zum Beispiel die Durchblutung steigern, verändert sich die Körpertemperatur und die Empfindsamkeit. Bei bewusstseinsverändernden Mitteln, kann es zu optisch veränderter Wahrnehmung kommen. Der Geschmacks- oder Geruchssinn kann sich ändern. Einige Mittel führen zu Muskelentspannung. Diese Beeinflussung kann bestimmte Praktiken einfacher machen. Allerdings führt es auch zum Verlust von Gefühl und Kontrolle von Körperteilen. Genau diese Umstände können Paranoia, Panik oder andere negative Zustände auslösen. 

Auf was muss ich achten?

Intox Play spielt sich auf einer schmalen unkontrollierbaren Grenze ab, auf der ein Sturz in die falsche Richtung schneller passieren kann, als es einem lieb ist. Außerdem ist der Besitz von Drogen illegal.

Solltet ihr euch dennoch entscheiden, diese Erfahrungen machen zu wollen, denkt bitte daran neben einem ausführlichen Konsensgespräch vor der Session, Safewords, Limits und Grenzen besonders genau abzuklären und vor allem Sicherheitsmaßnahmen gegen physische und psychische Ausfälle aufzustellen.

Eine gewisse Erfahrung mit der gewählten Substanz, unabhängig von BDSM sollte mindestens vorhanden sein. Wie bei allen extremen Spielarten sollten medizinische Sicherheitsmaßnahmen vorbereitet sein und ein Handy für den Notruf bereit liegen. Alle Vorbereitung für ausgiebige Aftercare sollten getroffen werden. Konsumenten wissen um Kontermittel Bescheid. Je nach Droge hilft bereits Wasser, Nahrung, Ruhe oder ein Spaziergang an der frischen Luft um die Wirkung zu mildern.

Ist Intox Play BDSM?

Würde man Intox Play dem BDSM zuordnen, so ließe es sich unter weiteren Kategorien finden wie etwa:

  • Dem CNC also Consensual Non Consent, durch den Verlust der Einwilligungsfähigkeit
  • Tunnelspiele, da sich der Prozess nicht abbrechen lässt
  • Edgeplay, durch die ausgeprägte Gefahr, der man sich mit Einnahme aussetzt
  • Einem ganz eigenen Fetisch für Chemsex, Drunk Play und Intox Play, mit eigenen Anhängern und Kulturen 

Gemeinsam haben all diese Praktiken eine Sache: Unabdingliche Kontrollabgabe. Intox Play bringt einen unkontrollierbaren und betäubenden Faktor mit sich. Als submissive Person kann der Reiz sich körperlich und psychisch so zu enthemmen verlockend sein. Sich in einen Zustand zu versetzen, in dem man der dominanten Person ohne die sichere Möglichkeit eines Ausstiegs die Macht verleiht, kann gewünscht sein. Sich als dominanter Mensch zu berauschen kann gegenüber der submissiven Person enthemmen. Das ist zwar für Personen mit Vorliebe für überwältigende und energische Spielarten eine Möglichkeit um die Intensität zu erhöhen. Gleichermaßen kann es auch dazu führen, Grenzen unbewusst zu überschreiten.

Und genau hier liegt der Knackpunkt: Die nicht verhandelbare Voraussetzung für BDSM-Aktivitäten ist freiwillig und bewusst gegebener Konsens. Da Drogen jedoch die Wahrnehmungs- und Einschätzungsfähigkeit auf vielen Ebenen verzerren, kann unter ihrem Einfluss kein Konsens gegeben werden. Auch wenn das Konsensgespräch vor der Session stattfindet, tritt der Fall des nicht bewusst gegebenen Konsens ein, wenn zum Beispiel eine Session nicht abgebrochen wird, weil Grenz- oder Intensitätsüberschreitungen nicht wahrgenommen werden. Ob eine Grenzüberschreitung durch die ausführende Person bewusst oder unbewusst stattfindet, spielt dabei keine Rolle.

Daher: Nein, Intox Play lässt sich nicht zu BDSM zählen. Keine Konsensfähigkeit, kein BDSM.

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