Content-/Triggerwarnung: Koprophilie
Für meinen Artikel über Windelfetischismus bin ich auf viele Klischees und Kink-Shaming gestoßen, wenn es um diesen Kink geht. Von der Annahme, dass Windelfetischisten fast nur Männer sind, es immer etwas hypersexuelles sein muss, Windeln draußen getragen werden müssen und natürlich, dass Windelfetischist:innen auf Natursekt und Kaviar stehen, war so ziemlich alles dabei.
Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Immerhin stelle ich immer wieder fest, dass unsere Szene voller Klischees ist und gerade Vorlieben wie dem Windelfetischismus auch hier immer wieder mit Unverständnis begegnet wird. Zum Glück habe ich Kat und Carry in meinem Bekanntenkreis. Beide sind Anfang 20, weiblich, Littles und haben einen Windelfetisch. Sie stehen auf Ageplay, eine Art Rollenspiel in der ein Part sich mit einem anderen, meist jüngerem Alter identifiziert und einen eigenen Charakter schafft. Beide identifizieren sich zwischen null und drei Jahren. Auf ihrem Instagram-Profil sieht man sie mit Stofftieren, Puzzlen und in Windeln. Daher habe ich sie zum Interview gebeten.
Wie lange tragt ihr schon Windeln und wie sah der Einstieg aus?
Carry: Seit zwei Jahren etwa. Ich habe mit meinem damaligen Freund vieles ausprobiert und das war eben auch dabei.
Kat: Ich trage jetzt Windeln seit bestimmt zwei Jahren. Zu meiner Little-Seite war ich schon ganz lange verbunden, aber Windeln waren für mich anfangs ein No-Go. Als ich es aber probiert habe, hab ich gemerkt, dass es für mich tatsächlich ein sehr schönes Gefühl ist.
Könnt ihr dieses Gefühl, das euch das Tragen von Windeln gibt, ein bisschen beschreiben?
Carry: Ich würde sagen ein sehr behütetes und warmes Gefühl. Die Windeln helfen mir auch sehr dabei mich klein zu fühlen, das steht eng im Zusammenhang.
Kat: Windeln tragen fühlt sich so an, als bekommt man eine ganz weiche Umarmung. Man fühlt sich sicher und genießt einfach jede Sekunde.
Ist für euch das Tragen von Windeln auch sexuell stimulierend?
Carry: Das kommt immer auf die Situation an. Meistens trage ich sie nachts über, wenn alles kuschelig sein soll oder wenn ich lange unterwegs bin. Sexuelle Handlungen schließe ich damit nicht aus, sie stehen nur nicht im Mittelpunkt.
Kat: Nicht immer, gerade am Anfang fing das alles non-sexual für mich an. Es ist ein wenig wie ein Keuschheitsgürtel. Dieses enge Gefühl und das man nichts wirklich dagegen machen kann, ist an manchen Tagen sexuell erregend, ja!
Habt ihr zum Anlegen von Windeln ein bestimmtes Ritual wie zum Beispiel pudern, eincremen oder ähnliches? Wenn ja, gehört das für euch fest zum Tragen dazu?
Carry: Nein, ein Ritual habe ich keines.
Kat: Ein festes Ritual hab ich tatsächlich nicht. Das einzige was ich immer mache, ist danach mich etwas abzuwaschen. Gerade wenn ich welche über Nacht trage. Ich finde die Hygiene sollte nicht unter einem Fetisch leiden.
Der Little Space: Flucht aus dem Alltag
Ihr habt schon öfter von euch als Little gesprochen. Mögt ihr uns kurz erklären, was das ist und was das für euch bedeutet?
Carry: Als Little nehme ich die Rolle eines Kindes ein, den sogenannten „Little Space“. So wie viele andere trage ich dann auch Windeln, Bodies und Schnuller, das gehört aber nicht zwingend dazu. Für mich bedeutet das vor allem eine Ablenkung vom Alltag. Andere treiben Sport, singen oder zeichnen, für mich ist es das klein sein.
Kat: Ein Little sein bedeutet für mich, niedlich und unschuldig sein. Ich hab da für mich selber meine goldene Mitte gefunden. Ich kann mich entspannen und einfach mal den ganzen Stress und den Alltag abwerfen. Und wenns nur ein Cartoon ist den man mit Paci guckt, das fühlt sich für mich einfach gut an!
(Anmerkung: „Paci“ steht für „pacifier“, das ist englisch für Schnuller)
Wie genau sieht euer Little Space aus? Wie würdet ihr ihn beschreiben?
Carry: Wenn ich klein bin, werde ich sehr anhänglich und will vor allem kuscheln. Ich habe auch viele Stofftiere, Ausmalbilder und Filme mit denen ich mich dann gerne beschäftige.
Kat: Mein Little Space ist an sich sehr still. Ich bin auch lieber für mich alleine klein, weil ich mich da zu 100 Prozent fallen lassen kann. Ich spiele gerne mit Sachen, die meine „Konzentration beanspruchen“. Zum Beispiel Puzzle, Spiele oder etwas zum Ausmalen. Ich lache viel mehr und merke selber, dass es mir leichter fällt entspannt und glücklich zu sein. Natürlich hilft mein Daddy mir auch oft dabei. Er liest mir jeden Abend eine Gute-Nacht-Geschichte vor und ich kann ohne das tatsächlich nicht mehr einschlafen.
Eingepackt und Eingemacht?
Welche Bedeutung hat der Windelfeitsch für das Erleben des Little Space?
Carry: Die Windeln gehören tatsächlich eher selten dazu. Klein bin ich fast täglich, Windeln trage ich dabei vielleicht einmal in 14 Tagen.
Kat: Windeln gehören für mich einfach dazu. Ich trage sie nicht immer, manchmal hat man auch einfach keine Lust. Aber in den meisten Fällen merk ich dann doch, dass etwas fehlt. Dieses weiche und warme Gefühl macht mich einfach glücklich.
Was macht ihr am liebsten in Windel? Gibt es Dinge, die ihr nur macht oder die euch mehr erfüllen, wenn ihr eine Windel tragt?
Carry: Sie gehören zwar nicht dauernd dazu, aber wenn ich welche trage, bin ich direkt im Little Space. Am liebsten mag ich mich dann an jemanden ankuscheln und einschlafen.
Kat: Was ich am liebsten in Windeln mache ist schwer zu sagen… aber was ich auf jeden Fall nicht mag ist, damit rauszugehen! Für mich ist das so intim und wichtig geworden, dass ich das nur in einem sicheren Umfeld genießen kann.
Wer weiß von eurer Windel-Vorliebe und wie habt ihr sie eurer Partnerperson mitgeteilt? Weiß euer Umfeld, dass ihr einen Windelfetisch habt?
Carry: Da mache ich kein großes Geheimnis draus. Meine aktuelle Partnerin ist selbst auch ein Little, da gab es keine Probleme mit ihr darüber zu reden. Auch meine anderen Freunde sind zum Großteil in dieser Szene mit drin, es weiß also eigentlich jeder.
Kat: An sich weiß jede:r von meinem Fetisch, weil ich tatsächlich gerne darüber rede und Leute aufkläre. Natürlich versteht oder akzeptiert das nicht jede:r, aber ich denke damit muss man umgehen können. Ich kann keine Vanilla-Beziehung führen, hatte ich einmal und es hat mir das Herz gebrochen. Little sein ist ein Teil von mir und den möchte ich nie wieder verstecken!
Natürlich gibt es Grenzen wie zum Beispiel fremde Personen oder meine Arbeit. Ich möchte natürlich niemandem damit schaden. Meinen Partner habe ich langsam an das Thema herangeführt. Habe auch immer wieder wiederholt, dass er es mir sagen muss, wenn er das nicht möchte. Wir tasten uns beide immer noch langsam heran, damit sich keine:r unwohl fühlt und ich denke, dass bis jetzt alles ganz gut klappt.
Ihr habt beide Instagram-Accounts, auf denen ihr euch als Little zeigt und euren Windelfetisch präsentiert. Woher kam die Inspiration und was möchtet ihr mit euren Accounts zeigen?
Carry: Vor allem möchte ich darüber Kontakt zu anderen finden und mich einfach austauschen.
Kat: Ich bin allgemein ein Mensch der sich gerne zeigt und „good vibes“ verteilen möchte. Gerade dieser Account hat mir nochmal geholfen, viel mehr mit meiner Little-Seite verbunden zu sein. Dieses offene und positive Feedback von Followern und auch Freund:innen macht mich einfach viel stärker!