Ihr habt euch ausreichend informiert, Geschichten gelesen und ausgetauscht, ihr könnt es kaum noch erwarten endlich mal BDSM auszuprobieren. Doch als das erste Mal immer näher rückt, merkt ihr, dass doch noch viele Fragen offen sind. Wie fange ich überhaupt an? Brauche ich Spielzeuge? Wenn ja, welches? Und wie stelle ich sicher, dass das Ganze nicht zu einer Lachnummer wird?
Dieser Text mit dem Titel „Leitfaden: Hilfestellung für’s erste Spiel“ erschien zuerst auf Gentledom.de, einer der größten deutschsprachigen Aufklärungsseiten rund um BDSM und wurde Deviance freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Grundlagen
Wie ihr beide das Kind nennt, sei es BDSM, SM oder harter Sex, das soll euch überlassen bleiben, auch wie ihr eure Positionen bezeichnet, liegt allein bei euch. Egal, was ihr gelesen habt oder auch lesen werdet, es geht um euch, eure Vorlieben, eure Fantasien und Bedürfnisse.
Da es um euch geht, vergesst nie zu kommunizieren. Nur so könnt ihr beide vor unangenehmen Dingen sicher sein. Nun solltet ihr über die Wünsche, Erwartungen und Tabus reden, damit ihr wisst wo eure gemeinsame Basis liegt. Macht man so etwas zum ersten Mal, kommt es häufig vor, dass Hemmungen dazu führen, dass vieles nicht angesprochen wird. Aber mit der Zeit wird sich das legen und nur, wenn beide die Bedürfnisse des jeweils anderen kennen, können sie auf diese auch eingehen.
Den Rahmen klären: Auf Nummer sicher gehen
Stellt lieber zu viele denn zu wenige Tabus auf. Zu wenige sind ein Problem, doch zu viele eröffnen sogar die Möglichkeit, Grenzen gemeinsam zu überschreiten. Bevor es weitergeht, ein passender Spruch aus der Szene: „Noch kein:e Meister:in ist vom Himmel gefallen, aber schon manche:r Subbie von der Decke“. Also Safety first.
Kein Safeword, kein Spiel
Das erste was ihr machen solltet, ist ein Safeword zu vereinbaren. Dies ist so etwas wie ein absolutes Veto. Wird es genutzt, endet das Spiel sofort. Lässt sich der dominante Part auf so etwas nicht ein, rennt weg. Das ist bitter ernst gemeint.
Nur zur rechtlichen Klärung: Lediglich die Freiwilligkeit führt dazu, dass fast alle Handlungen, zumindest im deutschen Recht, im Bereich BDSM, für den oder die Dom nicht strafbar sind. Fehlt es an dieser Einwilligung, kann es zu ernsthaften juristischen Rechtsverstößen wie Körperverletzung, Vergewaltigung oder Beleidigung kommen. Aus Sorge um die Partnerperson, aber auch um sich selber, sollte daher ein Safeword vereinbart werden. Mayday ist international, ich persönlich verwende „Gnade“, weil es einfach besser passt.
Zusätzlich: Zeichen statt Worte
Spielt ihr mit Knebeln, kann das Safeword auch bedeuten, dass man ganz schnell mit den Augen klimpert oder einen Gegenstand, den man festhält, fallen lässt. Für Anfänger:innen, aber auch für dominante Personen, die nicht sehr sensibel sind, gibt es zudem noch die Möglichkeit des Ampelcodes. „Grün“ bedeutet das ist gut oder in Ordnung, „gelb“ es wird langsam gefährlich, bitte nicht weiter, „rot“ es ist zu viel, hör damit auf.
Die physischen und psychischen Voraussetzungen müssen stimmen
Gerade der devote Part benötigt Vertrauen, hat er dieses nicht, wird das Spiel für ihn oder sie mehr eine Tortur, denn etwas Schönes sein. Sucht euren Partner daher mit großem Bedacht aus. Der oder die falsche Dom hat schon vielen die Lust am Spielen verdorben, denn er oder sie muss bereit und fähig sein, die Verantwortung zu übernehmen. Aber auch der dominante Part sollte vorab prüfen, ob die Person psychisch stabil genug und körperlich dazu in der Lage ist, durchzuführen, was man sich vorgestellt hat, ohne dass jemand zu Schaden kommt.
Spielzeug
Da die meisten Personen kaum in den nächsten Sexshop gehen werden, um das passende Spielzeug zu kaufen, erspare ich mir die Ausführungen zu Lederfesseln und Peitschen und ihr schaut euch einfach um, was ihr so da habt. Der Fantasie sind wenig Grenzen gesetzt. Was es in vielen Haushalten gibt ist folgendes:
Kleine Folterinstrumente
Die eigene Hand ist eh eines der besten Mittel. Auch die Fingernägel, die Zähne (nein, du bist deswegen kein Vampir), Lineal und Kochlöffel sowie Holzhaarbürste (Vorsicht, tut alles weh und verursacht blaue Flecken), Gürtel, das nasse Abtrockentuch, und sicher noch vieles mehr. Ach ja, wenn jemand von euch reitet (also der Pferdesport ist gemeint) Gerten sind nicht nur für Pferde geeignet.
Fesselndes
Manch einer hat bereits Handschellen, Gürtel vom Morgenmantel, Seidenschal, trockenes Abtrockentuch. Ja, die Küche ist ein wahrer Fundus für Spielsachen.
Tropfendes
Wer hier an eine asiatische Wasserfolter denkt, liegt falsch. Kerzen sind hier gedacht. Jedoch auf keinen Fall welche aus Bienenwachs, da diese zu Verbrennungen führen können. Nur passt auf, wohin es tropft. Es eignet sich zwar der gesamte Körper, nicht aber jede Unterlage. Ein altes Frottee Handtuch kann hier gute Dienste leisten.
Klammerndes
Wäscheklammern sind nicht nur für die Waschküche, sondern auch für das Schlafzimmer nutzbar, ähnlich sieht es aus bei speziellen Kleiderbügeln, die Klammern haben. Die Klammern gerade am Anfang lieber kurz drauflassen. Fünf Minuten sollten anfangs vollkommen genügen. Zu langes Klammern kann zum Absterben von Gewebe führen, also wie immer, tastet euch langsam ran und achtet auf den Körper des devoten Parts.
Alkohol
Nichts gegen ein Glas Sekt, um etwas die Spannung zu nehmen, aber BDSM und nicht klar im Geiste, das gehört nicht zusammen. Jedoch verfügt zum Beispiel die Frau über vier Lippen und nur die beiden im Gesicht sind, was Alkohol anbelangt, tabu. Alkohol kann sehr stimulierend sein. Man fängt aber bitte zart an zum Beispiel mit Martini oder Wodka. Er brennt und fördert die Durchblutung. Am besten befeuchtet ihr ein Taschentuch damit und reibt es dann ein.
(Siehe auch: 9 zweckentfremdete Baumarkt-Utensilien)
Durchführung
Das erste Mal fesseln
Na endlich kommen wir zum Spannenden. Jemanden zu fixieren macht großen Spaß. Man gewinnt nicht nur geistig, sondern auch körperlich Macht über die andere Person. Aber ganz ungefährlich ist es dann doch nicht.
Wird ein Glied einer gefesselten Person blau, kalt oder taub, bindet sie sofort los! Damit dies rechtzeitig bemerkt wird, muss der dominante Part regelmäßig nachschauen und der devote sagen, wenn er oder sie ein starkes Kribbeln oder ein taubes Gefühl verspürt. Sorry, aber wieder mal heißt es: Safety first.
Einige Sachen sind tabu, weil sie zu gefährlich sind. Nicht die Person allein lassen, auch nicht für eine kurze Zeit. Du kannst jedoch so tun als ob du den Raum verlässt, um die Spannung zu steigern. Das ist erlaubt und gut. Nicht am Hals fesseln, so etwas braucht Erfahrung und Wissen, was da genau an welchen Stellen passiert. Der Kopf darf nicht über einer Kante hängen oder mit dem Gesicht auf eine weiche Unterlage gebunden werden. Epileptiker:innen sollten nicht fixieren und nicht fixiert werden.
So, nun aber doch zum Spaßfaktor. Handschellen sehen toll aus, aber gerade bei günstigen Varianten sollte man vorsichtig sein. Die Kanten sind oft recht spitz und die Fesseln arretieren nicht korrekt, so dass durch das Spiel Abschürfungen entstehen können. Zudem können sie auf Nerven drücken und bequem sind sie auf Dauer auch nicht wirklich. Es sollten immer zwei Schlüssel da sein und einer an einem festen Ort aufbewahrt werden. Vom Seidenschal kann ich eher abraten. Es sieht toll aus, aber sie können in die Haut schneiden und zudem bekommt man feste Knoten nur schwer auf.
Egal, womit ihr fesselt, eine gute Schere sollte in der Nähe sein, um schnell den Knoten öffnen zu können. Ist eine solche nicht vorhanden, geht auch ein Messer. Damit die Durchblutung nicht behindert wird und man den Knoten aufschneiden kann, schadet es nicht, wenn die gefesselte Person etwas Platz hat. Seile aus Polyester sind nicht ideal, aber gehen.
Man sollte darauf achten, mit einer möglichst großen Fläche zu fixieren. Habt ihr zufällig ein Hanfseil oder ein Baumwollseil zur Hand, könnt ihr dieses sogar noch etwas besser benutzen. Mein Favorit sind jedoch Gürtel von Morgenmänteln. Je flauschiger, umso angenehmer wird es und sie sind lang und halten trotzdem recht viel aus. Zumindest diese Variante habe ich in den letzten Jahren ab und an selbst genutzt. Wenn euch das Fixieren Spaß macht, für 25 bis 40 Euro gibt es bereits sehr brauchbare Lederfesseln. Man muss nur wissen, wo.
Das erste Mal schlagen
Einer soll also auch ein wenig gequält werden, nun gut, dann mal sehen was man da zur Hand hat. Sorry, aber erst mal wieder die Sicherheitsbestimmungen: Keine Schläge auf Kopf, Hals, Nacken, Gelenke und die Nierengegend. Das Gesicht kann in Form von Ohrfeigen mit der Hand geschlagen werden, dieses sollte aber gut mit dem Partner abgesprochen werden.
Es empfiehlt sich, die Haut durch leichte Schläge mit der flachen Hand oder einem anderen eher weichen Gegenstand aufzuwärmen, bis sie gut durchblutet ist. Am besten dosieren kann man mit der eigenen Hand. Man spürt selber sehr gut, wie kräftig es ist und kann erahnen, wie es sich wohl auf der anderen Seite anfühlt. Gut geeignet für Schläge sind der Po, aber auch der obere Bereich des Rückens, Oberschenkel und die Wade.
So, die Haut ist nun leicht rot und damit gut durchblutet. Wenn ihr wollt, dann könnt ihr es nun etwas steigern. Der Einsatz von Lineal, Kochlöffel oder Holzhaarbürste sollte sich, da sie recht hart sind, auf den Po beschränken. Das nasse Abtrockentuch kennt jede:r aus kleinen Neckereien in der Küche. Der Gürtel kann klangvoll mit einem Zug aus der Hose gezogen werden, danach bildet man eine Schlaufe und kann mit dieser seine:n Partner:in etwas härter rannehmen. Kratzen und beißen sind erlaubt, jedoch wenn es intensiver gemacht wird, bleiben sicher Spuren zurück. Wer in den nächsten Tagen in die Sauna oder ins Schwimmbad gehen will, sollte es sich gut überlegen.
Das erste Mal mit Worten spielen
Schlussendlich noch das Kopfkino. Beherrscht ihr das Spiel damit, könnt ihr die Intensität des Spieles noch erheblich steigern. Versucht das Spiel so zu gestalten, dass der devote Part eben nicht immer weiß, was als nächstes geschehen wird. Hierbei eignet sich gerade das Spiel mit den Sinnen sehr. Falls euch die verbale Erniedrigung gefällt, klärt, welche Wörter erlaubt sind und welche gerade nicht. Achtet als dominanter Part besonders auf die Reaktion der anderen Person, wenn ihr ihn oder sie verbal erniedrigt und vermeidet Erniedrigungen mit Dingen, die direkter persönlicher Natur sind, wie etwa dick, dumm, hässlich und ähnliches. Dagegen können Flittchen, Schlampe und andere durchaus gut ankommen.
Ich persönlich nenne eine Partnerin zum Beispiel „meine Schlampe“, um zu zeigen, dass sie so nur bei mir und für mich ist und eben nicht für jedermann. Redet nachher darüber, was ihr empfunden habt, denn Worte können zum Teil viel mehr verletzen als Schläge.
Unfälle
Fehler können immer passieren. Wenn es sich um einen wirklichen Unfall handelt, bei dem eine schwerere Verletzung vorliegt, auch wenn nur die Vermutung besteht, ruft einen Notarzt oder begebt euch ins Krankenhaus.
Hier bloß keine Geschichten erfinden, es kommt raus und die Ärzte können euch nur richtig schnell helfen, wenn sie genau wissen, wie es passiert ist. Keine Sorge, die Leute werden schon viel Schlimmeres und Skurrileres gesehen haben als euch beide und sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Einen Absturz rechtzeitig erkennen
Sollte es sich um einen emotionalen Absturz handeln, zeigt, dass ihr für die andere Person da seid. Nehmt ihn oder sie in den Arm, tröstet, streichelt und redet mit der Person. Je mehr Sinne ihr ansprecht, umso schneller dringt ihr zu ihm oder ihr durch. Merken könnt ihr einen solchen Absturz, wenn der devote Part plötzlich still wird, klassisch anfängt zu heulen oder sich ganz klein macht. Es mag sein, dass es kein Absturz ist, jedoch solange euch die Erfahrung fehlt, zwischen Absturz und dem „Fliegen“ zu unterscheiden, geht von der schlimmeren Variante aus.
(Siehe auch: Aftercare -Worauf es ankommt)
Beachtet bitte die Sicherheitshinweise und ansonsten viel Spaß auf der Entdeckungsreise.