Noch immer gilt BDSM in weiten Teilen als Tabuthema. Wie in vielen Subkulturen üblich, nutzen auch BDSM-Sympathisanten verschiedene Symbole, um sich im Alltag Gleichgesinnten zu erkennen geben. Doch welche Schlüsse kann ich aus den verschiedenen Symbolen ziehen? Und was hat BDSM mit den Kelten zu tun? Um nicht versehentlich jemanden auf eine vermeintliche BDSM-Neigung anzusprechen, weil man BDSM-Symbole missinterpretiert, muss man die Zeichen lesen können. Einige werden sicher bekannt vorkommen.
Die Triskele: Zeichen der Dreieinigkeit
Die Triskele ist ein variantenreiches Symbol, das im Wesentlichen aus drei, um eine Mitte herum gleichmäßig angeordneten Formen besteht und in Kulturen auf der ganzen Welt zu finden ist. Die im keltischen Kulturraum weit verbreitete Variante des Sonnenrades fand dabei Eingang in die BDSM-Bewegung, indem die drei Spiralen zu den drei Interessensbereichen im BDSM umgedeutet wurden: also Tops, Bottoms und Switch. Meist wird die Triskele als Schmuck an Ketten oder Ringen getragen, findet sich aber auch auf Kleidung, als Tattoo oder als Autoaufkleber.
Doch Achtung: Abwandlungen der spiral- beziehungsweise hakenförmigen Triskele werden auch von völkischen Organisationen verwendet. Eine Präsentation der Triskele in der Öffentlichkeit ist also entweder eine deutliche Bekennung zum BDSM, eine Art Fankult zu den Kelten oder etwas, von dem man dringend Abstand nehmen sollte.
Das Peitschenrad als BDSM-Emblem
Auf Grundlage der Triskele entstand später ein eindeutigeres und bis heute bekanntestes Symbol der BDSM-ler: Das Peitschenrad. Die drei Spiralen wurden also zu Peitschen umgedeutet, ein wenig gestreckt, in einen geschlossenen Kreis eingefügt und um drei bedeutungsvolle Punkte ergänzt.
Entworfen wurde das dreigliedrige Design von einem anonymen Designer mit dem Pseudonym Quagmyr auf Basis des Kult-Romans „Geschichte der O“ von Pauline Réage als dezentes Insider-Symbol für Anhänger des BDSM. Ähnlich wie die Triskele wird auch das Peitschenrad meist als Schmucksymbol getragen. Am weitesten verbreitet ist dabei eine Art Siegelring nach dem Vorbild der Geschichte der O. Aber auch Kettenanhänger und Ohrstecker erfreuen sich zunehmender Beliebtheit.
„Ein goldenes Rad mit drei Speichen, die spiralenförmig gebogen waren, wie beim Sonnenrad der Kelten.“
Geschichte der O – Pauline Réage
Die Gliederung in drei Abschnitte wird in der Szene unterschiedlich gedeutet. Zunächst repräsentiert das Symbol wie schon bei der Umdeutung der Triskele die drei übergeordneten BDSM-Typen Top, Bottom und Switch.
Zudem symbolisiert das Peitschenrad die drei Hauptbereiche im BDSM: B und D für Bondage und Discipline, D und S für Dominance und Submission und S und M für Sadismus und Masochismus.
Andererseits steht die Dreiteilung auch für die höchsten Werte der BDSM-Bewegung: Sicherheit, Gesundheit und gegenseitiges Einverständnis, besser bekannt als SSC-Prinzip.
BDSM-Halsband und der Unterschied zum Choker
Heutzutage auch in den Kollektionen großer Modemarken zu finden, galt das Halsband einst als klares Erkennungszeichen unter BDSM-Anhänger:innen. Ein enges Halsband war oft ein Geschenk eines Master/einer Mistress an den oder die Serf und sollte Besitz anzeigen.
In der Gruppe der Halsbänder wird zwischen Arbeitshalsband und Ausgehhalsband unterschieden. Arbeitshalsbänder sind oft grob und massiv, aus stabilem Material wie Leder oder Edelstahl und bestückt mit Ösen oder einem Schloss, um viele Möglichkeiten für anstrengende Sessions zu bieten.
Ein Ausgehhalsband hingegen ist eher schlicht und stilvoll aus weicheren Materialien oder einer Polsterung an den Rändern. Dennoch ist zu beobachten, dass die Varianten aus Metall immer häufiger auch als Halsband in der Öffentlichkeit getragen werden.
Ob Arbeits- oder Ausgehhalsband: Beide Varianten sind außerdem mit einem Ring versehen, um eine Leine zu befestigen. Diese Ringe werden in Adaption an die „Geschichte der O“ auch „O-Ringe“ oder „Ring der O“ bezeichnet, wobei letzteres sich vor allem auf einen Fingerring bezieht.
BDSM-Halsbänder sind durch die Adaptionen der Choker im Mainstream keine eindeutigen Symbole mehr. Sollte dir in der Öffentlichkeit ein samtener Choker mit Spitzensaum oder ein verspielter Plastik-Choker begegnen, handelt es sich vermutlich eher um ein modisches Accessoire.
Politisches Statement: Die Leather-Pride-Flagge
Wie so viele andere Untergruppen verlangte auch die BDSM-Szene nach einiger Zeit nach einer gemeinsamen Flagge. Am 25.06.1989 präsentierte dann der Künstler Tony DeBlase im Rahmen einer „International-Mr.-Leather“-Veranstaltung das bis heute bekannte Design.
„Die Flagge besteht aus neun horizontalen Streifen gleicher Breite. Von oben und von unten wechseln die Streifen zwischen Schwarz und Königsblau. Der zentrale Streifen ist weiß. Im oberen linken Quadranten der Flagge befindet sich ein rotes Herz.“
Drummer magazine – Tony DeBlase
Zunächst adaptierte vor allem die homosexuelle Leder-Szene die Flagge für sich, in den letzten Jahren finden sie jedoch auch immer mehr Anklang in BDSM-Kreisen aller Orientierungen. Die Flagge findet sich als Erkennungszeichen als Aufdruck auf Kleidung und Stickern, als Tattoo oder als Beitrag auf sozialen Netzwerken. Natürlich ist sie auch auf Paraden wie der Folsom Pride oder Christopher-Street-Day zu sehen. Noch nicht zweckentfremdet steht die Flagge immer noch klar für Lack, Leder, Kink und Co.
Schlüssel als subtile Besitzanzeige
Handschellen und die dazugehörigen Schlüssel finden sich in den meisten Spielzeugkisten von BDSM-lern und erfreuen sich deswegen auch als Symbole für die Szene großer Bekanntheit. Nicht selten werden Miniatur-Handschellen an Halsketten oder Armbändern getragen.
Da das aber nicht gerade subtil ist, sind viele dazu übergegangen die Zweitschlüssel für Handschellen, Kettenschlösser, Keuschheitskäfige oder -gürtel als Schmuck zu tragen. Zum Beispiel als Anhänger eines Hals-, Fuß- oder Armkettchens. Diese Art von Schlüssel erkennt ein geschultes Auge natürlich sofort und sagt viel über den Besitzer aus.
Ziemlich eindeutig: Der Ring der O
„Grundsätzlich gibt der Ring, den sie tragen, mir, wie allen, die dieses Zeichen kennen, das Recht, über sie zu verfügen.“
Geschichte der O – Pauline Réage
Ebenfalls beruhend auf dem BDSM-Roman „Geschichte der O“ gewinnt der „Ring der O“ als Erkennungszeichen heutzutage immer mehr an Bekanntheit. Die literarische Vorlage beschreibt den Ring mit der Triskele beziehungsweise dem Peitschenrad verziert. Heute jedoch findet ein viel simpleres Design aus der Verfilmung großen Anklang, das in seiner Form an ein Halsband erinnert: Ein schlichter silberfarbener Ring, an dem ein beweglicher kleinerer Ring hängt, was an das Halsband erinnert und damit eine Andeutung an früheren Sklavenschmuck darstellt.
An welcher Hand man den Ring trägt sagt auch etwas über die betreffende Person aus: An der rechten Hand bekennt man sich als unterwürfige:r Bottom, links als dominante:r Top. Switcher:innen tragen den Ring dann meist an einer Kette um den Hals. Doch da der Ring auch Einzug in die Mainstream-Mode findet, verschwimmt seine klare Aussagekraft leider immer mehr.